pte20051018004 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

"Mehr PR-Agenten als Journalisten"

Ausbildung bringt Verbesserung beim Unrechtsbewusstsein


Deutscher Presserat: 16 Fälle von Schleichwerbung im Jahr 2004
Deutscher Presserat: 16 Fälle von Schleichwerbung im Jahr 2004

Berlin (pte004/18.10.2005/06:30) Bei Zeitungen und Zeitschriften nimmt der Trend zur Schleichwerbung zu. Diese Entwicklung bestätigten in Berlin Experten, die beim Herbstforum der Initiative Qualität im Journalismus (IQ) http://www.initiative-qualitaet.de und des Deutschen Presserates http://www.presserat.de analysierten, inwiefern die Trennung von redaktionellen und werbenden Inhalten in Gefahr ist. "Die Fälle, die uns vorgelegt werden, führen häufiger zu Rügen", erklärte die Sprecherin des Deutschen Presserates, Ilka Desgranges. Insgesamt habe der Presserat im vergangenen Jahr 16 Fälle von Schleichwerbung im Beschwerdeausschuss behandelt.

Weil sich die Werbeeinnahmen in den vergangenen fünf Jahren etwa halbiert haben, nehme der Druck auf die Anzeigenabteilungen zu, sagte Spiegel-Marketingleiter Christian Schlottau. Sergej Lochthofen, Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen (Erfurt), prognostizierte, die wachsende Beliebtheit von Service-Seiten und die zunehmende Kreativität der Anzeigenabteilungen führe zur weiteren Aufweichung der Grenze zwischen redaktionellen und werblichen Inhalten. Lochthofen kritisierte bereits vorhandene Mischformen aus Journalismus und Public Relations: "In Zeitungen fällt das noch auf, in anderen Bereichen schon nicht mehr", verwies er auf Hochglanz-Frauenzeitschriften, bei denen "alles miteinander vermengt" werde.

Clemens Bauer, Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Zeitungsverlegerverbandes und Geschäftsführer der Rheinischen Post (Düsseldorf), berichtete von einem Chefredakteur, der ihm von dem Gefühl erzählt habe, es gäbe in Deutschland mehr PR-Agenten als Journalisten. Bauer bestätigte, es existierten sowohl Angebote zu Koppelgeschäften (Anzeigen-Buchung gegen redaktionelle Erwähnung) als auch Gefälligkeits-Schleichwerbung durch Journalisten, die unkritisch Testautos oder Reise-Veranstalter lobten. Dauerhaft aber beschädige beides die Glaubwürdigkeit der Presse. Thomas Voigt, Direktor Kommunikation der Otto-Group, erwähnte, auch bei der Fachpresse herrsche oft eine zu große Nähe zwischen Werbekunden und Redaktionen.

Dass häufig PR-Texte nahezu unredigiert in Zeitungen gelangen, führten gleich mehrere Experten während der Podiumsdiskussion des IQ-Herbstforums aus, liege auch an Personalengpässen in den Redaktionen. Für die in Ziffer 7 des Pressekodex festgeschriebene Trennung von redaktionellen und werbenden Inhalten, so ergänzten Ilka Desgranges und Thomas Voigt, fehle es oft am Unrechtsbewusstsein. Dies könne nur durch eine Verbesserung der Ausbildung geändert werden.

(Ende)
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