pte20060719044 Politik/Recht, Unternehmen/Wirtschaft

SWIFT-Affäre: Auch Inlandsüberweisungen betroffen

USA weist Vorwurf der Industriespionage zurück


Auch Inlandsüberweisungen betroffen (Foto: quintessenz.org)
Auch Inlandsüberweisungen betroffen (Foto: quintessenz.org)

Berlin/Wien (pte044/19.07.2006/16:55) Die SWIFT-Affäre rund um die geheime Weitergabe europäischer Bankdaten an die US-Geheimdienste zieht weiterhin weite Kreise. Neben datenschutzrechtlichen Bedenken und der undurchsichtigen Vorgangsweise zeigen sich immer mehr europäische Unternehmen besorgt, dass die Daten des in Belgien beheimateten internationalen Datennetzes von den USA zur Industriespionage missbraucht werden. Diesen Vorwurf hat die US-Botschaft in Berlin gegenüber dem Handelsblatt heute, Mittwoch, zurückgewiesen. Bekannt wurde indes, dass bei der Affäre auch Inlandsüberweisungen betroffen sind.

"Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass nicht nur praktisch alle Auslands- sondern auch alle Eil-Überweisungen im Inland über SWIFT abgewickelt werden - und das bereits seit dem Jahr 2001", erklärt Christian Jeitler vom Verein Quintessenz http://www.quintessenz.org im pressetext-Interview. Der Verein, der sich für die Stärkung von Bürgerrechten im IT-Zeitalter einsetzt, fordert nun alle Kontoinhaber auf, ihren Bankinstituten auf den Zahn zu fühlen. "Nach fast fünf Jahren wird es Zeit, dass sich die Banken darum kümmern, wie mit unseren Finanzdaten umgegangen wird, die an SWIFT weitergegeben werden", meint Jeitler. Laut Datenschutzgesetz bestehe - zumindest hier in Österreich - eine klare Auskunftspflicht, so Jeitler. Er verweist dabei auf einen Musterbrief, der von der Quintessenz-Homepage heruntergeladen werden kann.

"Die offensichtlich eigenmächtige Weitergabe von Daten durch die Firma SWIFT stellt einen eindeutig illegalen Vorgang und eine klare Verletzung des Bankgeheimnisses dar", meint Hans Zeger, Obmann der Datenschutzorganisation ARGE DATEN http://www.argedaten.at , auf Anfrage von pressetext. Dass Bankkunden verstärkt von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch machen sollten, sei zwar eine berechtigte und begrüßenswerte Forderung. Im aktuellen Fall werde auf diesem Weg allerdings wohl wenig zu erfahren sein, da den Banken zufolge die Weitergabe der Daten ohne deren Zustimmung und Wissen erfolgt sei, so Zeger.

Als alternativen Weg, um die weiterhin gängige Praxis zu unterbinden, schlägt Zeger das Anstrengen eines Unterlassungsverfahrens gegen die eigene Bank und/oder SWIFT vor. Ebenfalls vorstellbar sei außerdem die Einbringung einer Beschwerde bei der Datenschutzkommission wegen mangelnder Umsetzung des Datenschutzgesetzes. Diese Vorgangsweise könnte folglich zur Überprüfung der Banken durch die Kommission führen, meint Zeger.

Allgemeinen Schätzungen zufolge sollen von SWIFT in den vergangenen fünf Jahren rund 20 Mio. Überweisungsdaten an die US-Behörden weitergeleitet worden sein. Die SWIFT-Informationen würden ausschließlich nur dazu genutzt, Hinweise auf terroristische finanzielle Transaktionen zu untersuchen, heißt es wiederholt von offizieller US-Seite. Besondere Kritik erntet vor allem der Umstand, dass die geheime Einigung zwischen SWIFT und den US-Behörden ohne ordentlichen Gerichtsbeschluss vereinbart wurde.

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