pte20060802028 Umwelt/Energie, Medizin/Wellness

Nein zu DDT gegen Malaria

WHO will persistentes Gift wieder einsetzen


Wien/Genf (pte028/02.08.2006/13:50) DDT soll als chemisches Mittel die Welt von der Malaria befreien, wenn es nach Meinung der Weltgesundheitsorganisation WHO http://www.who.int geht. Die plötzliche Begeisterung für das verbotene Gift stützt sich auf einen Vorschlag der US Agency for International Development USAID http://www.usaid.gov . Dem Argument, dass mit DDT Millionen Menschenleben gerettet werden könnten, stehen allerdings Warnungen von Experten gegenüber, wonach sich das Umweltgift als Boomerang für die gesamte Ökologie einschließlich des Menschen entpuppen soll.

"Ein Gift, das derart persistent ist, ist von der biologischen Seite total abzulehnen", meint der Wissenschaftler Gert Bachmann von der Universität Wien, Department für chemische Ökologie und Systemforschung http://www.univie.ac.at/IECB , im pressetext-Interview. DDT sei bekannt dafür, dass es sich in der Nahrungskette anreichert und über sehr lange Zeit bestehen bleibt. "Auch wenn die Grenzwerte bei diesen Stoffen nicht überschritten werden, bildet die Summe dieser Substanzen eine beachtliche Belastung", so der Experte. Die Alternative wäre definitiv eine andere: Man müsse die Zyklen der Insekten genauer studieren und Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung durchsetzen. Zudem müsste die Feuchtigkeit in Wohnregionen eingedämmt werden, um den Brutherd für die Insekten zu verringern. "DDT ist biologisch auch deshalb abzulehnen, weil die Mutationen gegen die Substanz zunehmen werden", erklärte der Forscher abschließend. Das bedeutet, dass bei den zu bekämpfenden Insekten im Laufe der Zeit Resistenzen auftreten werden.

Dass DDT in Deutschland in den 1970ern verboten wurde, habe mehrere Gründe, wie pressetext im Interview mit dem Umweltmediziner Klaus Rhomberg erfahren hat. "DDT ist eines der schlimmsten Gifte. Vor allem die großen Mengen an DDT, die seit den 30-er Jahren ausgebracht wurden, sind problematisch", so der Mediziner. Allein in den USA wurden zwischen 1942 und 1972 612.000 Tonnen DDT verwendet. "DDT und seine Abbauprodukte sind wie auch andere Pestizide die Ursache Nummer eins für Leukämieerkrankungen in Österreich", erklärte Rhomberg. Pestizide wie DDT sind es auch, die die Fruchtbarkeit bei Männern drastisch verringern. "Waren vor 50 Jahren noch 100 Mio. Spermien im Ejakulat, so liegt die durchschnittliche Zahl bei einem gesunden Mann heute bei 20 Mio."

Schwere Bedenken gegen einen erneuten Einsatz von DDT äußerte auch der Fertilitätsexperte Wilfried Feichtinger von der Universität Wien http://homepage.univie.ac.at im pressetext-Gespräch. "In einer vor 15 Jahren durchgeführten Untersuchung konnten wir in der Samenflüssigkeit und auch in der Eibläschenflüssigkeit neben anderen chemischen Substanzen DDT nachweisen", so der Mediziner. Besonders auffällig sei dieser Befund bei Landwirten gewesen. "Die Untersuchung, die mit dem Institut für Pflanzenschutz durchgeführt wurde, folgte Befunden der schlechten Samenqualität unter Bauern." Feichtinger äußerte schwere Bedenken gegen eine Wiederzulassung von DDT. "Sie können auch in der Muttermilch heute noch Rückstände von vor 50 Jahren nachweisen", kritisiert der Fachmann.

Dichlordiphenyltrichlorethan, so der korrekte chemische Namen von DDT, wurde einst als Wundermittel gegen Insekten bezeichnet. Sein Erfinder Paul Müller hat dafür 1948 sogar den Nobelpreis erhalten. Problematisch ist DDT, weil es in der Natur nur sehr langsam abgebaut wird - die Halbwertszeit beträgt 10 bis 20 Jahre -. Viele Studien belegen die Gefährlichkeit des Breitbandinsektizids, das nämlich nicht nur die Zielorganismen, sondern auch viele andere Insektenarten tötet. DDT reichert sich zunächst im Boden und über die Nahrungskette schließlich auch im Fettgewebe von Mensch und Tier an. Bei manchen Vogelarten führte das Gift dazu, dass die Eierschalen dünn und zerbrechlich wurden. Diese Eischalenverdünnung wird heute auf die endokrine Wirkung von DDE, einem Abbauprodukt von DDT, zurückgeführt. Der Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht zweifelsfrei geklärt.

Im Süden Kaliforniens waren in den 50er und 60er Jahren DDT-haltige Abwässer einer Fabrik ins Meer gelangt. Bei den dort lebenden Möwen konnte eine Verschiebung der Geschlechter festgestellt werden. Verantwortlich dafür ist die östrogene Wirkung von DDT.

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