pte20060928031 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Vogelspinne: Hochwertige Seide aus den Beinen gesponnen

Schwere Spinnen nutzen offensichtlich Extra-Haftkleber für bessere Navigation


S. Niederegger and S. Gorb/Nature
S. Niederegger and S. Gorb/Nature

Jena/Tübingen (pte031/28.09.2006/12:16) Spinnen verwenden wie Fliegen kleine Hafthärchen, um sich an glatten Oberflächen festzuhalten. Nun haben Forscher des Max Planck Instituts für Metallforschung http://www.mf.mpg.de etwas völlig Neues entdeckt: Vogelspinnen produzieren in ihren Beinen eine Haftseide, die es ihnen erlaubt auch auf glatten Oberflächen zu laufen, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature http://www.nature.com .

"Wir haben dieses Phänomen zufällig entdeckt", so Co-Autorin Senta Niederegger, die am Institut für forensische Medizin an der Universität Jena tätig ist, im pressetext-Interview. Die Wissenschaftler hatten die Petrischale mit der mittelamerikanischen Vogelspinne Aphonopelma seemanni während der Mittagspause im Labor zurückgelassen. "Die Videokamera lief allerdings. Und als wir zurückkamen, fanden wir diese Fäden", schildert die Forscherin. Untersuchungen der Videobänder ergaben dann, dass die Spinne in ihren Beinen die etwa einen Mikrometer dicken Seidenfäden herstellen kann. Die Fäden sind etwa 100 Mal dünner als ein menschliches Haar. In den Untersuchungen konnten die Wissenschaftler sehen, dass die Spinne diesen Haftfaden dazu verwendet hat, um auf der Glaswand hinaufzuklettern und nicht seitlich abzurutschen.

"Die Spinne ist ziemlich groß und misst ohne Beine acht Zentimeter", so Niederegger. Interessant war das Phänomen deshalb, weil es bisher keinen Hinweis anderer Spinnenarten auf diese Haftseide gab. Die Forscher waren davon ausgegangen, dass die Hafthärchen allein ausreichend waren für das Laufen auf glatten Oberflächen. "Möglicherweise hatten alle Spinnen diese Haftseidenproduktion, die allerdings während der Evolution verloren ging", so Studienleiter Stanislav Gorb. Seide wird in einem Organ hergestellt, das sich Spinneret nennt und im Abdomen der Spinne befindet. Gorb nimmt an, dass sich die Spinnerets aus den Beinfortsätzen entwickelt haben. "Die Entdeckung, dass die Seide direkt aus den Beinen kommt, bestärkt die Hypothese", meint der Wissenschaftler. Unklar bleibt aber, ob die Fuß-Seide vor dem Spinneret entstanden ist, oder ob Vogelspinnen es eigenständig entwickelt haben. Vogelspinnen bauen kein Netz, sondern jagen ihre Beute, beißen sie mit ihren Giftzähnen und saugen sie dann aus.

Interessant ist die Entdeckung aber auch in anderer Hinsicht. "Wir wissen noch nicht, aus welchem Material diese Spinnfäden genau sind", erklärt Niederegger. Interessant sei in diesem Zusammenhang auch die Entschlüsselung der Klebrigkeit dieser Seide. Niederegger, die Expertin für Bionik ist, sieht in diesem Zusammenhang auch eine Chance neue Werkstoffe zu entwickeln. "Genau kann man allerdings noch nicht sagen, welche Anwendungsmöglichkeiten es für den Stoff gibt." Das Hauptaugenmerk lag zunächst einmal in der Entstehungsgeschichte dieser Fähigkeiten. In weiterer Folge wollen die Forscher nun der Produktion der Seide auf die Spur kommen.

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