pte20070207026 Medien/Kommunikation, Politik/Recht

Fortsetzung des Karikaturenstreits vor Gericht

Charlie Hebdo spricht von "mittelalterlichem Prozess"


Karikaturisten machen sich nicht nur über den Islam lustig. (c) Stephan Rürüp
Karikaturisten machen sich nicht nur über den Islam lustig. (c) Stephan Rürüp

Paris (pte026/07.02.2007/12:13) Heute, Mittwoch, beginnt in Paris der Prozess gegen das französische Satiremagazin Charlie Hebdo http://unecharlie.canalblog.com , das von der Vereinigung der islamischen Organisationen Frankreichs (UOIF) http://www.uoif-online.com sowie der Großen Moschee von Paris http://www.mosquee-de-paris.org wegen der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen im Februar 2006 verklagt wurde. Die Religionsvertreter klagen Charlie Hebdo wegen Beleidigung einer Gruppe aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit. Das Magazin wies diesen Vorwurf zurück und sprach gestern vor der Presse von einem "mittelalterlichen Prozess".

Philippe Val, Chef von Charlie Hebdo, sagte, dass mit den Karikaturen keinesfalls ein Angriff auf die Muslime beabsichtigt gewesen wäre, sondern auf Terroristen. "Wenn wir nicht mehr das Recht haben eine Satire auf die Ideologie der Terroristen zu machen, was bleibt dann dem einfachen Bürger, um sich zu verteidigen, wenn er nicht mal mehr das Lachen hat, um seine Ängste zu besiegen?", so Val. Die UOIF bezeichnete in einer Pressemitteilung die Haltung des angeklagten Magazins indes als "medio-lukrativen Radikalismus".

Vor Gericht wird Charlie Hebdo von prominenten Zeugen gestützt, etwa vom Parteivorsitzenden der Sozialdemokraten Francois Hollande und dem konservativen Präsidentschaftskandidaten Francois Bayrou. Die Tageszeitung Liberation hat in ihrer Montagsausgabe eine Petition von rund 50 Unterzeichner aus Politik, Wissenschaft und Medien veröffentlicht. Darin warnen die Unterzeichner vor der allgemeinen Selbstzensur.

Charlie Hebdo hatte im Februar 2006 die Mohammed-Karikaturen der dänischen Tageszeitung Jyllands Posten nachgedruckt, nachdem diese bereits im Oktober 2005 eine Welle von Protesten und Ausschreitungen im Nahen Osten ausgelöst hatten. Charlie Hebdo hat als einzige französische Publikation die dänischen Karikaturen veröffentlicht und eigene Karikaturen hinzugefügt. Die Auflage, die normalerweise bei 140.000 liegt, erreichte damals eine Rekordhöhe von 400.000 Stück. Die Anklage der muslimischen Organisationen richtet sich konkret gegen drei dieser Karikaturen.

Das deutsche Satiremagazin Titanic http://www.titanic-magazin.de hat sich in seiner März-Ausgabe 2006 des umstrittenen Themas angenommen. "Nach der Veröffentlichung waren wir schon besorgt, aber die Reaktionen, die wir von Muslimen bekamen waren sehr friedlich und wir haben keine einzige Drohung erhalten", sagte Thomas Gsella, Chefredakteur der Titanic, gegenüber pressetext. In Deutschland hätten nur wenige Zeitungen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen veröffentlicht. "Eigentlich wäre es die Pflicht von allen Medien gewesen, die Karikaturen abzudrucken. Schließlich wurden ja in der Vergangenheit auch alle anderen Religionen satirisch durch den Kakao gezogen", ist Gsella überzeugt.

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