pte20070213035 Forschung/Entwicklung, Umwelt/Energie

Wurmlarven treiben Bachflohkrebse in den Selbstmord

Parasit manipuliert dazu die Geruchssinne seines Wirts


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Bonn (pte035/13.02.2007/13:30) Das ebenso trickreiche wie skrupellose Verhalten eines Parasiten haben Wissenschaftler der Universität Bonn http://www.uni-bonn.de/ entlarvt. Sie beobachteten den Wurm Pomphorhynchus laevis, der sich zunächst in Bachflohkrebsen einnistet. Sobald der Parasit allerdings das Larvenstadium erreicht, liefert er seinen ursprünglichen Wirt an dessen natürlichen Fressfeind aus, den Flussbarsch. In seinem neuen Wirt entwickelt sich P. laevis dann zu einem geschlechtsreifen Wurm. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im International Journal for Parasitology.

"P. laevis ist auf den Flussbarsch als Träger angewiesen, weil er dort mehr Nährstoffe erhält", sagt Projektleiter Sebastian Baldauf von der Universität Bonn im Gespräch mit pressetext. "Von sich aus würden die Fische die Wurmeier aber nicht fressen. Deshalb sucht sich P. laevis einen Zwischenwirt: den Bachflohkrebs." Dieser frisst die Eier des Parasiten. Erreicht P. laevis dann das Larvenstadium, muss er zu seinem neuen Wirt überspringen. Dazu treibt er seinen alten Träger gezielt zum Selbstmord, indem er den Geruchssinn des Bachflohkrebses so manipuliert, dass dieser seine natürlichen Fressfeinde nicht mehr erkennt. "Der Parasit kehrt damit das Fluchtverhalten der Krebse um", sagt Baldauf. "Infizierte Bachflohkrebse weichen gefräßigen Fischen nicht mehr aus, sondern schwimmen direkt auf sie zu." Die Folge: Der Flussbarsch frisst den Krebs samt Wurmlarve. Hat sich die Larve zu einem erwachsenen Wurm entwickelt, scheidet der Fisch die Wurmeier mit seinem Kot aus - und der Kreislauf startet erneut.

Für ihre Untersuchungen trennten die Forscher ein Aquarium mit einem feinmaschigen Netz in zwei Bereiche. Anschließend setzten sie infizierte und wirtsfreie Bachflohkrebse in dem Becken aus. Als Baldauf und seine Kollegen einen Flussbarsch in einer Hälfte aussetzten, schwammen die infizierten Tiere sofort auf dessen Seite. Die gesunden Tiere zogen sich dagegen in die andere Hälfte des Aquariums zurück. "Obwohl Bachflohkrebse auch sehen können, verlassen sie sich vor allem auf ihren sensiblen Geruchssinn", sagt Baldauf.

In einem zweiten Versuch gossen die Forscher deshalb Wasser - in dem sich zuvor ein Barsch aufgehalten und Geruchsstoffe abgegeben hatte - in eine Hälfte des Aquariums. Erneut mieden die gesunden Flusskrebse diesen Bereich, während sich die infizierten Bachflohkrebse dort vermehrt aufhielten. "P. laevis scheint also die Verarbeitung der Geruchsreize der Bachflohkrebse zu manipulieren", sagt Baldauf. "Den genauen Mechanismus kennen wir allerdings noch nicht: Möglicherweise verändert der Wurm die Ausschüttung des Neurotransmitters Serotonin, was die Signalverarbeitung im Gehirn der Bachflohkrebse verändern könnte."

In Zukunft wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob sich der Täuschungseffekt verstärkt, falls der Bachflohkrebs von mehreren Parasiten gleichzeitig befallen ist - oder ob die Parasiten untereinander konkurrieren. Generell haben Parasiten ausgefeilte Strategien entwickelt, um ihren Wirt zu wechseln. Nicht immer ändern sie dabei das Verhalten ihres Zwischenwirts. So enttarnt etwa der Saugwurm - der sich in Bernsteinschnecken entwickelt - seinen ursprünglichen Träger, indem er die Fühler der Schnecke in farbenfrohe Fortsätze verwandelt. Davon profitiert die Wasseramsel: Sie erkennt die auffälligen Fühler und frisst sie - inklusive ihrer infektiösen Zutat.

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