pte20070502040 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Klimawandel lässt nicht alle Gletscher schrumpfen

Experte: Globale Erwärmung dennoch bedrohlich


Stefan Winkler am Gletschertor des Franz-Josef-Glacier (Foto: Nina Kurr)
Stefan Winkler am Gletschertor des Franz-Josef-Glacier (Foto: Nina Kurr)

Würzburg (pte040/02.05.2007/16:09) Die Folgen des globalen Klimawandels scheinen nicht überall auf der Welt die gleiche Wirkung zu entfalten: Stefan Winkler vom Lehrstuhl für Geographie I der Universität Würzburg http://www.uni-wuerzburg.de hat in den Southern Alps auf Neuseeland nachweisen können, dass die Gletscher dort kräftig anwachsen. Der Wissenschaftler weist im Interview mit pressetext allerdings darauf hin, dass dies keineswegs ein Indiz dafür sei, dass der Klimawandel doch nicht so schlimm ist, wie befürchtet.

"Der Klimawandel ist der gleiche, allerdings wirkt sich die Veränderung in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich aus", so Winkler. Es sei eben nicht wahr, dass überall auf der Welt die Temperatur in gleichem Maße steige. "Die Ergebnisse sind also kein Beleg dafür, dass es keine Klimaerwärmung gibt." Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft http://www.dfg.de geförderten Projekts hat sich der Geograph zwei Monate lang in Neuseeland aufgehalten und dort die Gletscher untersucht. "Die Gletscher in Neuseeland sind nicht so genau dokumentiert worden, wie etwa jene in Europa", erklärt der Forscher. Allerdings haben alle Untersuchungen, die dort seit den 1980er Jahren durchgeführt wurden, diese Ergebnisse bestätigt. "Während in den meisten Hochgebirgen, so auch in den europäischen Alpen, aktuell ein deutlicher Gletscherschwund herrscht, stellen die Gletscher der südlichen Alpen Neuseelands eine große Ausnahme dar, denn hier rücken die Gletscherfronten deutlich vor."

Winkler konnte beispielsweise feststellen, dass sich die Front des Franz-Josef-Gletschers innerhalb der vergangenen zwölf Monate um 84 Meter vorgeschoben hat. Auch der benachbarte Fox-Glacier hat im gleichen Zeitraum um 89 Meter zugelegt. Bestätigt wurden die Messungen auch anhand von Aufnahmen aus dem Helikopter. "Ein Grund, warum die Gletscher hier anwachsen ist, dass sie sehr küstennah liegen und das Klima durch extrem hohe Niederschläge gekennzeichnet ist." Diese fallen im Sommer häufig als Schnee. Außerdem kam es hier zu keinem nennenswerten Temperaturanstieg. "Die später zu Gletschereis umgeformten Schneemengen sind derart groß, dass trotz vergleichsweise hoher Lufttemperaturen Gletscher existieren und zum Teil bis auf nur 300 Meter über dem Meeresspiegel hinab fließen können."

"Der Niederschlag spielt innerhalb der Massenbilanz dieser Gletscher, wie an den ebenfalls im Forschungsprojekt untersuchten maritimen Gletschern in West-Norwegen, eine weit bedeutendere Rolle als zum Beispiel im Alpenraum", erklärt der Experte. Auch in West-Norwegen konnte der Forscher ein Wachstum der Gletscher feststellen, das allerdings in den vergangenen drei bis vier Jahren deutlich umgeschlagen hat. "Die Entwicklung der Gletscher auf Neuseeland zeigt eindrucksvoll, dass es kein globales Verhalten der Gletscher gibt." Es sei sogar das Gegenteil der Fall. Die häufig als Klimaindikatoren verwendeten Gletscher reagieren anscheinend sehr unterschiedlich selbst auf identische Klimaveränderungen. "Daher steht dieses Gletscherwachstum auch nicht in generellem Widerspruch zum aktuellen Klimawandel, sondern es ist als dessen Folge zu sehen."

Die meisten Klimaprognosen gehen von einer Niederschlagszunahme in küstennahen Bereichen aus, wenn die globalen Temperaturen steigen. Diese wird durch stärkere Verdunstung verursacht. "Wenn dieser Niederschlag in küstennahen Hochgebirgen nun als Schnee fällt, kann daraus ein Gletscherwachstum resultieren." Die Folgen des aktuellen Klimawandels für die Gletscher dürften daher nicht pauschalisiert werden, so Winkler abschließend im pressetext-Interview.

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