pte20070706029 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

800.000 Jahre Klimageschichte der Antarktis entschlüsselt

Forscher untersuchen Eisbohrkern aus 3.260 Metern Tiefe


Bern (pte029/06.07.2007/15:38) Die antarktische Klimageschichte der vergangenen 800.000 Jahre haben Forscher nun anhand eines mehr als drei Kilometer langen Eisbohrkerns entschlüsselt. Damit ist ein Meilenstein im europäischen Eiskern-Bohrprojekt EPICA (European Project for Ice Coring in Antarctica) gelungen. Über den wissenschaftlichen Erfolg berichten die Forscher im Fachmagazin Science Express.

"Die Temperaturschwankungen in der Antarktis bestätigen eine frühere These der Klimaforscher der Universität Bern", so der Klimaforscher Jakob Schwander von der Abteilung für Klima- und Umweltphysik vom Physikalischen Institut der Universität Bern http://www.climate.unibe.ch im pressetext-Interview. Primär gehe es dabei um die Erforschung der Klima-Kopplung zwischen der nördlichen und der südlichen Hemisphäre. "Hier bestehen bei früheren Klimazyklen starke Ähnlichkeiten mit dem in der letzten Eiszeit beobachteten Verhalten", erklärt der Forscher. "Die vor 100.000 bis 10.000 Jahren stattgefundenen großen Temperaturschwankungen in der Nordatlantischen Region sind als schwächere, zeitlich verschobene Schwankungen in der Antarktis erkennbar, so wie das vom Berner Modell vorausgesagt wurde."

"Die Untersuchungsergebnisse basieren auf dem 3.260 Metern langen Eisbohrkern von Dome Concordia in der Ostantarktis", erklärt Schwander, der als wissenschaftlicher Leiter der Feldarbeit auf Dome Concordia tätig ist. "Die Auswertung des Eisbohrkerns hat ergeben, dass das Klima auf der Erde vor 400.000 Jahren einen neuen Rhythmus angeschlagen hat. In der Zeit vor 800.000 Jahren bis vor 400.000 Jahren schwankte das Klima tendenziell in einem 40.000-Jahr-Rhythmus mit kühleren, aber länger andauernden Warmzeiten. Danach folgten vier Klimazyklen von je rund 100.000 Jahren. Die jüngsten Messungen am EPICA-Bohrkern erlauben zusammen mit Klimamodellen eine bessere Schätzung der mit den Klimaschwankungen verbundenen Temperaturänderungen.

"Dabei kann man allerdings keine Rückschlüsse auf den menschlichen CO2-Ausstoß ziehen", erklärt der Forscher, denn dazu müsste man Bohrkerne untersuchen, die in Regionen mit wesentlich größeren Niederschlagsmengen gezogen wurden. Das sei bereits hinlänglich geschehen. "Allerdings dienen die nun vorliegenden Temperaturrekonstruktionen als Referenz für die weitere Auswertung des Eisbohrkerns beispielsweise für Aufzeichnungen von Treibhausgasen oder anderen atmosphärischen Spurenstoffen."

Festgestellt haben die Forscher, dass die kälteste Periode vor 20.000 Jahren mit etwa zehn Grad Celsius unter dem heutigen Wert und die wärmste Periode vor etwa 130.000 Jahren mit rund 4.5 Grad Celsius wärmer als heute war. "Die wissenschaftlichen Ergebnisse bestätigen auch, dass die natürlichen Klimavariationen - also nicht die vom Menschen verursachten Klimavatiationen - vor allem durch astronomische Faktoren wie der Neigung der Erdachse bestimmt werden", so Schwander. Andere Einflüsse, wie etwa Vulkanismus und Veränderungen der Leuchtkraft der Sonne, spielen hingegen bei den natürlichen Klimaschwankungen nur eine untergeordnete Rolle.

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