pte20070913033 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Korallensex beeinflusst ganzes Riff entscheidend

Riesige Mengen an organischem Material umgeschichtet


Auch optisch bemerkenswert: Die Korallenblüte (Foto: Christian Wild)
Auch optisch bemerkenswert: Die Korallenblüte (Foto: Christian Wild)

München (pte033/13.09.2007/13:55) Ein internationales Forscherteam unter Leitung eines Wissenschaftlers der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München http://www.uni-muenchen.de hat herausgefunden, was mit den immensen Mengen an Eiern und Spermien geschieht, die während der massenhaften Ablaiche ("Coral Spawning") der Korallen im Great Barrier Reef, Australien, abgegeben werden. Die Auswirkungen dieser fein abgestimmten "Sexorgie" löst eine Kaskade von Prozessen aus, die das Leben am Riff maßgeblich beeinflusst, berichten die Forscher in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Coral Reef.

"Die meisten Korallen entlassen in nur einer oder wenigen Nächten jedes Jahr ihre Ei- und Spermazellen gemeinsam ins Wasser", erklärt der verantwortliche Autor Christian Wild, Leiter der Coral Reef Ecology (CORE)- Arbeitsgruppe http://www.palmuc.de/core am GeoBio-Center der LMU, gegenüber pressetext. In den sonst extrem nährstoffarmen Gewässern um das Riff komme es damit plötzlich zu einem gewaltigen Anstieg von energie- und nährstoffreicher organischer Substanz. " Die Dichte an partikulärem organischen Material stieg um das Drei- bis Elffache an. Diese farbenprächtige Korallenblüte hat damit massive Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaften im Riff", erklärt der Wissenschaftler, der mit seinem Team die Korallenriffe vor Heron Island, einer Insel im Süden des Großen Barriereriffs, untersucht hat. An diesen Riffen findet die Korallenblüte innerhalb einer oder weniger Nächte im November oder Dezember statt. Die Koordination des Zeitpunkts erfolge über die Wassertemperatur, die Mondphase und die Tageslänge. "Würden Ei- und Spermazellen nicht gleichzeitig ins Wasser abgegeben, könnten sie sich sonst der Strömung und Fressfeinde wegen schlichtweg verpassen", erklärt Wild.

"Die Geschlechtszellen der Korallen sind chemisch gesehen sehr labil und werden daher rasch durch Mikroorganismen abgebaut. Sie enthalten große Mengen an Stickstoff - und dieser ist in den Riffen Mangelware." Ein weiterer Grund für den raschen Abbau sind auch die relativ hohen Temperaturen. Zudem gäbe es eine intensive Kopplung zwischen der flachen Wassersäule und den sandigen Sedimenten. "In einer früheren Arbeit konnten wir zeigen, dass in den Sedimenten des Meeresbodens lebende Mikroorganismen innerhalb weniger Tage einen Teil der Zersetzungsarbeit übernehmen." Das bedeute, dass die Abgabe von Geschlechtsprodukten durch Korallen neben dem primären biologischen Zweck der Vermehrung auch als Nahrungsquelle für die verschiedensten Organismen im Riff dienen. "In West-Australien konnte man beobachten, dass Großfische wie der Walhai nach der Korallenblüte in großer Zahl aufgetaucht sind", so Wild.

Der Abbau des Materials benötigt große Mengen Sauerstoff - und zwar schon unmittelbar nach dem Massenereignis. "Unter gewissen Umständen, vor allem dann, wenn es aufgrund von Witterungsverhältnissen zu keinem Wasseraustausch kommt, kann der Sauerstoffverbrauch so drastisch zunehmen, dass sauerstoffabhängige Riffbewohner sterben", erklärt der Experte. "In den aktuellen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass das Massenablaichen der Korallen dramatische und lang andauernde Effekte auf das komplizierte Riffökosystem haben kann." Das Ökosystem Korallenriff verfüge offenbar über die geeigneten schnellen Recyclingmechanismen, um den Verlust von wichtigen Nährelementen während der Korallenblüte stark zu reduzieren. "Weil die Korallenblüte auch von anderen Riffen wie im Golf von Mexiko und Japan bekannt ist, sind unsere Ergebnisse vermutlich auch auf diese Ökosysteme übertragbar", erklärt der Experte abschließend im pressetext Interview.

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