pte20071129002 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Gentech-Zulassungsverfahren als Heimspiel der Industrie

Experte kritisiert Vorgehen der EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA


Wien (pte002/29.11.2007/06:05) "Die Vorgänge bei Gentechnik-Zulassungen bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ähneln einer unfairen Sportveranstaltung, bei der massive Rechtsverletzungen und wissenschaftlich nicht begründbare Willkür zur Norm geworden sind". Zu diesem Schluss kommt der Gentechnik-Experte Werner Müller von Global2000 http://www.global2000.at und Eco-Risk http://www.eco-risk.at in einem pressetext-Interview.

"Fehlerhafte Risikobewertungen gibt es in der Wissenschaft immer wieder. Die drei heute verbotenen Substanzen DDT, Methylbromid und das Pestizid Vinclozolin sind sehr gute Beispiele dafür", erklärt Müller. "Allerdings unterscheiden sich die Folgen einer falschen Risikoeinschätzung dieser Substanzen ganz grundlegend von jener der Ausbringung gentechnisch veränderten Pflanzen", so Müller. Da gentechnisch veränderte Pflanzen bzw. ihre synthetischen Gene aus der Umwelt nicht mehr zurückholbar sind und somit jede Fehleinschätzung unwiderruflich und unumkehrbar die Umwelt und folgende Generationen belastet, sei die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen mit dem Vorsorgeprinzip und dem Menschenverstand unvereinbar, folgert Müller.

Die Missstände in Bezug zu einem sportlichen Ereignis sieht Müller etwa in der fehlenden Abschätzung von Langzeitrisiken (730-Tage-Test). "Hier gibt es bereits das erste eins zu null für die Industrie", so Müller. Das zweite ergebe sich aus der fehlenden Abschätzung von Effekten auf zukünftige Generationen. "Ganz eklatant ist auch die fehlende Abschätzung von kumulativen toxischen Wirkungen", kritisiert der Experte. Zudem würden auch die gesetzlichen Anforderungen an eine Fall-zu-Fall-Analyse nicht umgesetzt. Die Unsicherheiten müssten nach EU-Recht in der Risikoabschätzung ausdrücklich analysiert werden.

"Alle signifikanten Effekte werden zugunsten der Biotechfirmen verharmlost und in vielen Fällen übernimmt EFSA die Schlussfolgerungen der Herstellerfirmen eins zu eins", kritisiert der Experte. Mehrjährige Studien an Regenwürmern, Asseln, Schmetterlingen und anderen Tieren gebe es bis jetzt nicht im Rahmen des Zulassungsverfahrens. Zudem fehlen auch so genannte Tritrophischen Studien - das sind Untersuchungen der Effekte über die Nahrungskette. "Was für kritische EU-Staaten wie etwa Österreich oder Italien besonders problematisch ist, nämlich wissenschaftliche Einwendungen - wird von der EFSA mit dem Argument es gebe keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, als unbegründet abgelehnt."

Der EFSA wird auch vorgeworfen, für die Industrie Werbung zu machen und den Konsumenten die Mitsprache-Möglichkeit zu nehmen. "Die Befürworter der gentechnisch veränderten Organismen gehen auch immer noch von der längst widerlegten Annahme aus, dass 98 Prozent des Genoms 'Müll' wären", bringt Müller vor. Das sei eine veraltete Annahme, die auf Basis der neuen Erkenntnisse der Grundlagenforschung wie des FANTOM- oder des ENCODE-Projekts unhaltbar geworden sei. "Diese Projekte haben die Bedeutung der RNA-Moleküle bei der Steuerung menschlichen Lebens zu Tage gebracht. Unverständlich ist, dass EFSA auf diese Erkenntnisse bisher nicht reagiert hat und die Risiken der synthe-RNA Moleküle aus gentechnisch veränderten Pflanzen vollkommen in der Risikoabschätzung transgener Pflanzen ignoriert", erklärt Müller. Heftig kritisiert werde seitens verschiedener Umweltorganisationen auch, dass gentechnik-kritische Wissenschaftler von den Universitäten mit radikalen Mitteln ausgegrenzt werden.

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