pte20081210002 Auto/Verkehr, Tourismus/Reisen

Täglich ein Fast-Zusammenstoß in der Luft

"Sicherheit im Flugverkehr lässt zu wünschen übrig"


Das Bild zeigt alle Beinahe-Kollisionen seit August 2008 (Foto: TU Braunschweig)
Das Bild zeigt alle Beinahe-Kollisionen seit August 2008 (Foto: TU Braunschweig)

Braunschweig (pte002/10.12.2008/06:05) Allein im norddeutschen Luftraum gibt es jeden Tag mindestens einen Fast-Zusammenstoß von Flugzeugen in der Luft. Zu diesem Schluss kommt eine Langzeitstudie des Instituts für Eisenbahnwesen und Verkehrssicherung der Technischen Universität Braunschweig http://www.tu-braunschweig.de/ifev . Sie wertete erstmals die Funktionsweise eines Systems zum Schutz vor Bordkollisionen (ACAS) aus, mit dem sich Flugzeuge seit den 70er Jahren vor Zusammenstößen warnen. Einer von sieben Piloten befolgt zudem die Anweisungen des Systems nicht korrekt, so ein weiteres Ergebnis der Studie. "Die Sicherheitsziele sind noch nicht erreicht", kommentiert Studienleiter Peter Form im Gespräch mit pressetext die Ergebnisse.

Das von der internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO http://www.icao.int konzipierte ACAS-Rettungssystem misst Abstand und Höhendifferenz zwischen Flugzeugen und gibt dem Pilot Anweisungen zum Ausweichen, solange ein Zusammenstoß noch verhindert werden kann. "Das System warnt den Piloten 15 Sekunden vor einem bevorstehenden Zusammenstoß in der Luft. Fünf Sekunden davon bleiben dem Piloten zur Reaktion, zehn um das Flugzeug noch umzusteuern", erklärt Form. Jedes Flugzeug über 5,7 Tonnen müsse mit einem ACAS-System ausgerüstet sein. Der ICAO-Beschluss Anfang der 90er Jahre, Bodenstationen für Empfang und Auswertung der damit erhobenen Daten einzurichten, wurde jedoch bis dato nicht umgesetzt.

Das Braunschweiger Team versuchte, dieses Versäumnis nachzuholen und entwickelte eine experimentelle Bodenstation, die den Datenaustausch der Verkehrsflugzeuge Norddeutschlands automatisch mithört, analysiert und darstellt. So gelang es, die Verkehrssituation und die Reaktion des Piloten im Umfeld aller Kollisions-Alarme im norddeutschen Luftraum zwischen April 2007 und August 2008 zu untersuchen. In diesem Zeitraum wurde durchschnittlich mehr als eine von ACAS erkannte Kollisionsdrohung pro Tag dokumentiert. "Das ist zu viel", stellte Studienleiter Peter Form fest.

Anlass zur Sorge gab auch die Reaktion der Piloten. "In jedem siebten Fall wurden die Ausweichanweisungen des ACAS-Systems nicht korrekt befolgt", so Form. "In diesem Fall muss das Zusammenspiel zwischen Controller und Pilot perfekt abgestimmt sein, es bleibt keine Alternative. Der Mensch macht jedoch Fehler - mindestens bei jedem 10.000 Mal läuft das schief, zeigt die Erfahrung." Das Sicherheitsziel, dass nur ein Unfall pro eine Milliarde Flugstunde geschieht, werde somit deutlich verfehlt, zeigt sich der Braunschweiger Verkehrssicherheitsexperte besorgt.

Die erfolgreiche Anfangsphase der Untersuchung führte zur Errichtung fünf weiterer Bodenstationen im August 2008, die nun die wesentliche Erfassung des gesamtdeutschen Luftraumes ermöglichen. In den letzten drei Monaten wurden auf diese Weise über 500 Kollisions-Alarme registriert.

(Ende)
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