pts20041006057 Politik/Recht, Handel/Dienstleistungen

Gewerbeverein: Rohstoffkrise verheizt den Mittelstand!

Unsere Nachbarländern gehen gegen die Stahlkrise vor, Österreich nicht!


Wien (pts057/06.10.2004/20:31) Dem Herzstück des gewerblichen und industriellen Mittelstands droht das Aus. Trotz voller Auftragsbücher und weltweit anerkannter Spitzenprodukte. Auslöser der Krise: die Explosion der Weltmarktpreise für den Rohstoff Koks. Um bis zu 900 Prozent. Ohne Koks kein Stahl. Deshalb wird der Stahl für immer mehr Unternehmen zur Existenzfrage, und niemand in Österreich tut etwas dagegen - zeigt der Österreichische Gewerbeverein (ÖGV) kritisch auf.

Es ist ja bemerkenswert, welches Theater die WTO in diesem Sommer aufführte, um die Agrarprodukte in ein Regulativ zu bringen. Bei Stahl und Erdöl scheint allerdings die gleiche Organisation eher auf der Seite der Börsenspekulanten, als auf jener der wertschöpfenden Unternehmungen zu sein.
Dementsprechend explodierte förmlich auch der Großhandelspreisindex September 2004 (Statistik Austria) verglichen zum Vorjahresmonat vor allem bei den Großhandelspreisen für "Eisen und Stahl" (+68,5%), "Sonstige Mineralölerzeugnisse" (+30,4%) und "Feste Brennstoffe" (+20,5%).

Da es - außer Frisöre oder Kosmetikerinnen - wohl wenige Handwerke gibt, die nicht irgendwo vom Stahl abhängig sind, ist die Lässigkeit, mit der man die mittelständischen Unternehmen im herbstlichen österreichischen Regen seitens der Regierung stehen lässt schon sehr verwunderlich.
Da die meisten Projekte von öffentlichen Auftraggebern (Bund, Länder, Gemeinden) mit Festpreisbindung bis zu eineinhalb Jahren an den Billigstbieter vergeben wurden, bleiben diese auf der Strecke. Auf der Strecke bleiben aber auch die Auftraggeber, da begonnene Aufträge insolventer Betriebe zu wesentlich höheren Kosten mit Zeitverzug von noch bestehenden Betrieben ausgeführt werden müssen. Offenbar meint man in der Regierung, dass das Nacharbeiten nach Insolvenzen die kreative Nische in vielen Handwerken sein soll!

Zwar hat das Wirtschaftsministerium eine Empfehlung für Neuausschreibungen aller öffentlicher Vergabestellen ausgegeben, wonach Stahlpositionen über der Geringfügigkeitsgrenze nach der Entwicklung des Großhandelspreises abgerechnet werden sollen. Bis dato hält sich jedoch kein Auftraggeber an diese Empfehlung. Öffentlich-rechtlicher Geiz ist offenbar so lange geil, bis eine teure Ersatzvornahme nach Insolvenz vorgenommen werden muss.

Es wäre eigentlich Aufgabe des Wirtschaftsministers hausintern prüfen zu lassen, ob

+ Ausschreibungen und daraus resultierende Auftragsvergaben zu Festpreisen rechtsgültig sind?

+ auf Grund der österreichweit einheitlichen Erhöhung der Stahlpreise Verstöße gegen das Kartellrecht vorliegen?

In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass etwa Deutschland mit 18. März 2004 für alle eisen- und stahlrelevanten Positionen veränderliche Preise eingeführt hat und auch in der Schweiz Ähnliches vorgenommen wurde.
Wenn schon die WTO wertschöpfende Betriebe nicht will, dann sollte das doch der Wirtschaftsminister der Republik Österreich wollen!

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Dr. Herwig Kainz
Tel.: 01/587 36 3330
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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