pte20030220046 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Kontroverser Report: Nadeln nicht Sex sind Hauptgrund für Aids in Afrika

Heftige Diskussion führt zum Treffen zwischen Studienautor, WHO und UNAIDS


London (pte046/20.02.2003/17:36) Ein Report von US-Aids-Experten kommt zu dem Schluss, dass nicht ungeschützter Sex, sondern verunreinigtes, medizinisches Material wie schmutzige Nadeln der Hauptgrund für die Aids-Epidemie in Afrika ist. Der Bericht löst eine heftige Kontroverse aus und könnte laut der UN-Aidsbehörde UNAIDS http://www.unaids.org sowohl die Aids-Prävention als auch die Gesundheitsversorgung in Afrika gefährden. Die WHO und UNAIDS haben mit dem Studienautor David Gisselquist für März ein Treffen organisiert, um die Ergebnisse der Studie zu diskutieren. Publiziert wurden die Ergebnisse im International Journal of STD & AIDS http://www.rsmpress.co.uk/std.htm .

Eigenen Angaben zufolge haben die Forscher mehrere hundert Studien, erschienen seit den 80-er Jahren zum Thema Aids, erneut unter die Lupe genommen. Ihr Resümee: Fast zwei Drittel aller Infektionen in Afrika seien auf kontaminierte Kanülen zurückzuführen. Quer durch den Kontinent solle nur ein Drittel aller HIV-Infektionen auf ungeschützten Sex zurückzuführen sein. Dieser Einschätzung widerspricht Yvan Hutin, Spezialist für HIV-Übertragung der WHO, scharf. Es gebe keine angemessen Studien, die diese Schlussfolgerungen rechtfertigen. "Wir schätzen, dass schmutzige Nadeln für fünf Prozent aller Fälle verantwortlich sind, allerdings mit einer großen Abweichung."

Gisselquist und sein Team sehen dies anders. Er zitiert Studien, die auf die Verwendung von verschmutzten Nadeln bereits hingewiesen haben. So zeigte eine Studie in Kinshasa, dass fast 40 Prozent der HIV-positiven Kinder HIV-negative Mütter hatten. Diese Kinder erhielten Zeit ihres Lebens durchschnittlich 44 Injektionen, gesunde Kinder nur 23. Daten, wonach HIV in Afrika nicht dem Muster sexuell übertragbarer Krankheiten folgen würde, unterstützen Gisselquists Argumentation. So stieg seinem Datenmaterial zufolge in Simbabwe HIV in den 90er-Jahren um zwölf Prozent pro Jahr, während sexuell übertragbare Krankheiten im selben Zeitraum um 25 Prozent zurückgingen. Auch der Kondom-Verbrauch sei bei Personen mit hohem Risiko angestiegen.

Gisselquist behauptet, dass Experten, die davon ausgehen, dass ungeschützter Sex für 90 Prozent aller Ansteckungen in Afrika verantwortlich ist, offensichtliche Widersprüche ignoriert haben. Der Bericht knüpft sich die vorgefasste Meinung über die Sexualität der afrikanischen Bevölkerung vor. Afrikaner seien weder ungewöhnlich promiskuitiv, noch seien sie eher zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr bereit. Michael Adler vom University College Hospital in London und Berater der WHO in Aids-Fragen dazu: "Die Mehrheit aller HIV-Fälle in Afrika wird sexuell übertragen." Auch für Catherine Hankins von UNAids ist ungeschützter Sex "weiterhin der wichtigste Übertragungsweg weltweit." Sie stimme aber zu, dass die Bereitstellung von sterilen Geräten und Spritzen zu den wichtigsten Aufgaben in der Aids-Prävention gehört. Hankins befürchtet, der Bericht könne dazu führen, dass Menschen in Afrika weniger Kondome verwenden und das Vertrauen in die medizinische Versorgung verlieren. Christopher Uoma, HIV-Koordinator für ActionAid in Kenia, kommentiert mit einer Stellungnahme im britischen Independent http://www.independent.co.uk :"Es gibt eine glaubwürdige Kluft zwischen diesem Bericht und der Praxis."

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