pte20050914038 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Atomkraft in Europa: Von billig keine Rede

Experte kritisiert mangelndes Engagenment der Bevölkerung


Wien/Brüssel (pte038/14.09.2005/15:18) Die Pläne die Atomenergie als Alternative zu den steigenden Ölpreisen zu fördern, stößt Europaweit auf Widerstand. Die neuen Druckwasser-Reaktoren des Typs EPR wären zwar sicherer, dennoch entsprechen sie den Anforderungen kaum. Entgegen der Meinung der Atomlobby, ist der Atomstrom nämlich immer noch zu teuer, sieht man von den gewaltigen Subventionen ab, meint etwa Erwin Mayer, Atomexperte von Greenpeace-Österreich http://www.greenpeace.at im Gespräch mit pressetext.

Die Technologie des Reaktors sei zwar neu und im Vergleich zu anderen Anlagen sicher. Eine Kernschmelze könne allerdings dennoch nicht vollständig ausgeschlossen werden, meint Mayer. "Weiters ungelöst bleibt allerdings das Problem mit dem Atommüll, denn auch die neuen Reaktoren produzieren ihn", gibt der Fachmann zu bedenken. Das Argument, dass Atomstrom billig sei, treffe hingegen kaum zu. "Der Reaktor ist seitens der EU hochsubventioniert", gibt Mayer zu bedenken. Im Falle von Finnland auch seitens der finnischen Regierung. Wenn die Folgekosten eingerechnet werden sieht die Sache anders aus und das ist der Beweis dafür, dass Atomenergie teuer ist", so Mayer im pressetext-Interview.

"Die Renaissance der Atomkraft ist keine Überraschung. Es hat sich abgezeichnet, dass Finnland seine exponierte Lage innerhalb der EU nutzen wird, um sich als Speerspitze für den neuen" Atomweg der EU zu profilieren", meint der ehemalige EU-Abgordnete und Fachbuchautor Hans Kronberger http://www.kronberger.net zu pressetext. Slowenien und Ungarn würden sofort nachsetzen und deuten auch Atompläne an. "Wie bedenklich dieses Vorhaben ist, zeigt die Tatsache, dass selbst die Atomindustrie beklagt, dass es kaum noch Technikernachwuchs im Atombereich gäbe, die in der Lage wären alte Anlagen ordnungsgemäß zu deaktivieren", erklärt Kronberger. Mit dem Ruhestand der Atomkraft in den USA und in Europa in den vergangenen Jahrzehnten waren diese Studienrichtungen so gut wie nicht belegt. "Die Atomlobby nutzt den Anstieg der Preise für fossile Energieträger und die Diskussion zum Kyotoziel zu ihrer Rechtfertigung", schließt Kronberger.

Mayer sieht die Aussendungen der Atombefürworter allerdings als reine "Marketinggags". Es sei den meisten völlig klar, dass Atommeiler keine Antwort auf den Klimaschutz darstellen. "Einerseits dauere der Bau bis hin zur Genehmigung viel zu lange, andererseits können erneuerbaren Energieträger wesentlich schneller durchgesetzt werden und kosten deutlich weniger", meint Mayer. Eine Berechnung des Potenzials anhand der EU-Energieeffizienz-Richtlinie habe ergeben, dass die Einsparung von nur einem Prozent auf einen Zeitraum von zehn Jahren 40 AKWs ersparen könne. Das gleiche Ergebnis komme zustande, wenn man die EU-Erneuerbare-Energierichtlinie zur Hand nimmt: Diese sah vor, auf der Basis von 1997 zwischen 12 und 21 Prozent der Energie auf erneuerbare Energieträger umzustellen. "Da ist auch Österreich weit davon entfernt", gibt Mayer zu bedenken.

Harte Kritik übt Kronberger aber auch an der heimischen Antiatombewegung: "Sie hat die Chance der Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes nicht genutzt", meint der Experte. Jeder Kunde könne seinen Stromanbieter ohne Aufwand - dazu reiche eine Unterschrift - frei wählen. "Mehr als 900.000 haben gegen Temelin unterschrieben und nicht einmal 10.000 sind bisher auf einen der echten beiden Anbieter von sauberem Strom, die Alpen Adria Energie AG und oekostrom, umgestiegen", ärgert sich der Experte. "Gemeint sind dabei nicht jene Halbherzigen, die ihren eingekauften Atomstrom an die Industrie vermitteln und rechnerisch den privaten Kunden ihren Strom aus Wasserkraft zuordnen. Denn sie sind indirekte Förderer der Atomkraft", ärgert sich Kronberger. "Gäbe es eine breite Umsteigerwelle auf garantiert sauberen Strom wäre für die Atomkraft die Investitionssicherheit nicht mehr gegeben, da ihr Strom aus dem Leitungsnetz verdrängt würde. Die Durchsetzung dieses Gedankens wäre der einzige Weg Atomkraft auf Dauer zu verhindern", so Kronbeger abschließend zu pressetext. Preislich gebe es kaum noch Unterschied.

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