pts20031017006 Politik/Recht, Forschung/Entwicklung

"Geistiges Eigentum" im Brennpunkt

Interdisziplinäres Symposium in der Wiener Albertina


Wien (pts006/17.10.2003/09:30) Auf Einladung der "Initiative Geistiges Eigentum" haben heute, Freitag, nationale und internationale Experten aus den verschiedensten Disziplinen über Entwicklungen in den Zukunftsbranchen und deren Auswirkungen auf das Immaterialgüterrecht informiert. Das Symposium "Geistiges Eigentum - Innovation und Rechtsschutz" fand in der Wiener Albertina statt und behandelte u.a. das EU-Gemeinschaftspatent. Österreichs Rolle im Bereich der Harmonisierung des internationalen Markenrechts war ebenso ein Thema wie das neue Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das künftig den EU-weiten Designschutz gewährleistet.

Der Moderator des Symposiums, Dr. Guido Kucsko, Partner bei Schönherr Rechtsanwälte, sagte zum Ziel der Veranstaltung: "Die rechtlichen Aspekte des Schutzes geistigen Eigentums können nicht abgehoben von der Entwicklung des ökonomischen, technischen und sozialen Umfelds diskutiert werden. Dieses Symposium will die rasante Entwicklung neuer Technologien mit der Erörterung der derzeitigen und künftig notwendigen, rechtlichen Rahmenbedingungen verbinden, um einen ausgewogenen und effizienten Rechtsschutz zu erreichen."

Markenrecht im Wandel
Österreich hat die europäischen Richtlinien zum Markenrecht bereits in nationales Recht umgesetzt. Das europäische Markenrecht entwickelt sich durch die Rechtssprechung des europäischen Gerichtshofs jedoch laufend weiter. Die Harmonisierung ist ein langfristiger Prozess: In Vorabentscheidungsverfahren werden Leitentscheidungen gefasst, die dann wiederum im nationalen Recht zu berücksichtigen sind. Europa und seine Mitgliedstaaten stehen also nicht nur im Bereich der Technologie, Wirtschaft oder Kultur in ständiger Wechselwirkung zueinander, sondern auch auf dem Gebiet der Judikatur.

Schärfere Prüfung von Gutachten notwendig
"Das österreichische Patentwesen hat vieles von dem, was auf europäischer Ebene erst geschaffen werden muss", erklärte Walter Holzer, Präsident des European Patent Institute. Für Patenteingriffsverfahren sind effiziente Verfügungsverfahren notwendig. In der heutigen Turbowirtschaft ziehen sich Patentverletzungsverfahren oftmals über Jahre, mit dem Ergebnis, dass in der Regel die Rechtsverletzer profitieren. "Eine schärfere Prüfung der üblicherweise vorgelegten Gutachten und Gegengutachten erscheint im Verfügungsverfahren angebracht", forderte Holzer. Vor allem geht es auch darum, Wettbewerbspositionen zu verteidigen, die auf technologischem Vorsprung beruhen, der nur durch ein Patent wirksam abgesichert werden kann. Das Gemeinschaftspatent soll dazu einen Beitrag leisten und auf europäischer Ebene das Recht vereinfachen.

"Konsens unter den EU-Mitgliedstaaten über die Eckpunkte des künftigen Gemeinschaftspatentsystems ist schon erreicht, was nun noch fehlt sind konkrete Rechtstexte", berichtete auch Gert Kolle, Hauptdirektor am Europäischen Patentamt in München. Er rechnet aber kaum vor dem Jahr 2010 mit dem Gemeinschaftspatent. "Das Gemeinschaftspatent ist die Antwort auf die Erfordernisse eines freien Warenverkehrs und gleicher Wettbewerbsbedingungen innerhalb eines einheitlichen Marktes", beschrieb Kolle die Vorteile.

Designschutz kein Sorgenkind mehr
Zur Anpassung an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben wurde auch das Musterrecht grundlegend neu gestaltet. Dr. Herbert Knittel, Vizepräsident des Österreichischen Patentamts in Wien, ortet eine Chance für den Neubeginn. Durch das Inkraftreten des Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu Beginn dieses Jahres gilt nun ein völlig neues Musterschutzrecht. "Der europäische Geschmacksmusterschutz ermöglicht der österreichischen Wirtschaft völlig neue Dimensionen", meinte dazu Kucsko. Eine Anmeldung in einer Sprache bei einem Amt (in Alicante) ermöglicht die Registrierung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters, von dem vor allem auch Klein- und Mittelbetriebe profitieren. Unternehmen stöhnten bis vor kurzem unter den hohen Kosten für Übersetzungen und dem dahinterstehenden, administrativen Aufwand. "Schon nach den ersten Monaten gilt das neue System als äußerst erfolgreich - bis dato mehr als 20.000 Anmeldungen und mehr als 10.000 erteilte Geschmacksmuster - belegen den außergewöhnlichen Erfolg des neuen Schutzrechts", so Kucsko.

University meets Industry
"Die Grundlagenforschung wird zunehmend wirtschaftlich relevant, wie das Beispiel der Molekularbiologie zeigt. In diesem Bereich folgen Patentierungen rasch den Ergebnissen der Grundlagenforschung", informierte Georg Winkler, Rektor der Universität Wien auf dem Symposium. Das Vienna Biocenter ist ein Musterbeispiel für die positive Wechselwirkung zwischen universitärer und außeruniversitärer Grundlagenforschung sowie anwendungsorientierter Forschung. Insgesamt sind 800 Forscher/innen aus mehr als 40 Ländern im Vienna Biocenter tätig.

Universitäre Patentservice-Stelle angeregt
In Zukunft wird es in einigen Bereichen der universitären Forschung immer wichtiger werden, mit der Industrie zusammenzuarbeiten bzw. aus der Universität heraus Unternehmen zu gründen. "Die wirtschaftliche Verwertung wissenschaftlicher Erfindungen kann langfristig zu einer Finanzierungsquelle für Universitäten werden. Es ist aber illusorisch zu glauben, dass in den nächsten Jahren die Universitäten über hohe Lizenzeinnahmen ihre Erlöse steigern können", dämpfte Winckler aufkeimende Euphorie. Der Rektor regte u.a. den Aufbau einer universitären Patentservice-Stelle an, um gute Bedingungen für international renommierte Wissenschafter zu schaffen.

(Ende)
Aussender: Geistiges Eigentum
Ansprechpartner: Sandra Kienesberger
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